Nachdem in Hessen und Rheinland-Pfalz erstmals Fälle der Afrikanischen Schweinepest (ASP) festgestellt wurden, hat nun das „EU Veterinary Emergency Team“ (EUVET) beide Bundesländer besucht. Ziel der Experten war es, die Lage zu bewerten, bezüglich der aktuellen Maßnahmen zur beraten und Empfehlungen für die Zukunft auszusprechen. Neben dem EUVET-Team um die Veterinärmediziner Dr. Klaus Depner (Deutschland), Dr. Tsviatko Alexandrov (Bulgarien) und Dr. Francesco Feliziani (Italien) begleiteten Wissenschaftler des Friedrich-Loeffler-Instituts und der Justus-Liebig-Universität in Gießen sowie Tierseuchenexperten aus verschiedenen Bundesländern die Mission. Ausgehend vom Lagezentrum im hessischen Landwirtschafts- und Umweltministerium (HMLU) in Wiesbaden, besuchten die Experten auf rheinland-pfälzischer Seite die Kreise Mainz-Bingen und Alzey-Worms, in Hessen stand vor allem der Kreis Groß-Gerau im Fokus. Dort nahmen die EUVET-Vertreter die Krisen-Infrastruktur in Augenschein: Kadaversuche mit Drohnen und Hunden wurde demonstriert, Elektrozäune südlich der vorläufigen Kernzone gemeinsam inspiziert.
Verschiedene Disziplinen arbeiten eng zusammen
Mittelpunkt des Besuchs war eine kritische Bestandsaufnahme und eine breite Diskussion darüber, auf welchem Wege eine Ausbreitung eingedämmt werden kann. „Per Definition ist die ASP eine grenzübergreifende Seuche“, betonte Dr. Depner. Es gebe nicht die hessische ASP und die rheinland-pfälzische ASP, sondern ein- und dasselbe Seuchengeschehen in der Region. Deshalb sei „die wirklich vorbildliche Zusammenarbeit zwischen Hessen und Rheinland-Pfalz“ von großer Bedeutung. Lob gab es auch für die ausgeprägte interdisziplinäre Kooperation. „Es ist wichtig, dass hier Tierärzte, Jäger, Wildbiologen, Landwirte und alle weiteren Akteure gemeinsam an einem Strang ziehen“, hieß es im mündlichen Abschlussbericht des EUVET-Teams, den Dr. Depner im Lagezentrum des HMLU vortrug.
EUVET-Mission empfiehlt: Maßnahmen genauso beibehalten
In diesem Resümee hieß es auch: „In Hessen wurden nach dem ersten Fall am 15. Juni schnell und zielgerichtet die richtigen Maßnahmen ergriffen. Sie suchen auf höchstem technischen Niveau mit Hunden und Drohnen an den richtigen Stellen, nämlich in den Außenbereichen, um die Grenzen der Seuche zu ermitteln. Dazu sind auch die negativen Funde wichtig. Machen Sie so weiter und suchen geduldig und akribisch. Die Fallzahlen in den engeren Seuchengebieten werden ansteigen, das ist in der ersten Phase eines ASP-Seuchenzugs typisch. Zentrales Ziel ist weiterhin, das exakte Seuchengebiet zu bestimmen. Noch ist die genaue Ausbreitung und die Richtung der Ausbreitung unklar.“ Folglich sei es zum jetzigen Zeitpunkt nicht ratsam, feste Wildzäune zu installieren. Daher wird weiter mit taktischen und temporären Elektrozäunen gearbeitet. Aktuell stehen in Hessen rund 60 Kilometer dieser Zäune.
Inzwischen wurden auf hessischer Seite 20 tote Wildschweine positiv auf das ASP-Virus getestet, in Rheinland-Pfalz wurden inzwischen zwei Kadaver positiv beprobt, zudem gibt es zwei Verdachtsfälle. Der bislang älteste positiv getestete Kadaver ist nach Einschätzung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler knapp drei Monate alt (Fundort Nähe Rüsselsheim). So lange könnte die ASP schon in der Region grassieren. Ob der Bereich nahe der Opelrennbahn, wo mehrere positive Kadaver gefunden worden sind, oder das Naturschutzgebiet Kühkopf – mit Funden auf beiden Seiten des Rheins – möglicher Ausgangspunkt des Seuchengeschehens sein könnten, kann noch nicht bestimmt werden. Bei den in Rheinland-Pfalz positiv getesteten Wildschweinen handelte es sich um relativ frisch tote und ein im Sterben befindliches Wildschwein.
Bewegung der Wildschweine vermeiden
An beiden Stellen sei die Viruslast sehr hoch, betonte das EUVET-Team im mündlichen Abschlussbericht: „Das kann für den Hausschweine-Bestand problematisch werden. Dazu muss kein Wildschwein in den Betrieb gelangen, um das Virus zu verteilen. Der humane Faktor kann ebenfalls schwerwiegend sein. Selbst wenn die Zäune perfekt sind, kann der Mensch das Virus trotzdem verteilen.“ Die Biosicherheit der Betriebe müsse daher weiter intensiv nachgehalten werden. Außerdem gilt es weiterhin, die Bevölkerung zu sensibilisieren: Bleiben Sie auf den Wegen, leinen Sie Ihre Hunde an, melden Sie Funde von Wildschweinkadavern sofort an das örtliche Veterinäramt.