Festzaun am Waldrand

Weiße Zonen: Sicherheitskorridore gegen die Afrikanische Schweinepest

Um eine unkontrollierte Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest zu verhindern, setzt Hessen auf wirksame Schutzmaßnahmen. Eine davon: die sogenannten „Weißen Zonen“. Diese Sicherheitskorridore sollen helfen, das Virus einzudämmen und Gebiete Schritt für Schritt zu sichern. Was genau hinter der Maßnahme steckt, wie sie funktionieren, und was sich für betroffene Gruppen ändert, lesen Sie hier.

Das Wichtigste in Kürze

  • Weiße Zonen sind wildschweinfreie Schutzkorridore um ASP-Kerngebiete.
  • Sie bestehen aus zwei festen Zäunen und werden intensiv nach Wildschweinen abgesucht.
  • Ziel: Die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest eindämmen und umliegende Gebiete schützen.
  • Die Maßnahmen basieren auf EU-Recht und der deutschen Schweinepestverordnung.
  • In Hessen wird das Konzept seit 2025 in Gebieten der Sperrzone II aktiv umgesetzt.
  • Für betroffene Landwirte bedeutet die Umsetzung den Wegfall weitreichender Einschränkungen innerhalb der Ernte.
  • Private und lokale Jäger übernehmen eine zentrale Rolle bei der Reduzierung des Wildschweinbestandes. Dabei erhalten Sie Unterstützung.
  • Spaziergänger & Hundehalter können viele Wege weiterhin nutzen – sollten allerdings wichtige Verhaltensregeln beachten.
  • Erfolgsbeispiele zeigen: Weiße Zonen sind wirksam – wenn alle mithelfen.
Staatssekretär Michael Ruhl vor Publikum

Als nächster Schritt im Rahmen unserer konsequent verfolgten Strategie beginnt nun eine neue Phase der ASP-Bekämpfung.

Michael Ruhl Staatssekretär und Leiter ASP-Führungsstab

Weiße Zonen als Sicherheitsgürtel

Als "Weiße Zone" wird ein ringförmiger wildschweinfreier Korridor rund um ein ASP-Kerngebiet bezeichnet. Er wird durch zwei fest installierte Zäune (einen äußeren und einen inneren) gesichert. Innerhalb dieses Streifens (in Hessen meist zwischen 500 Meter und 2.000 Meter breit) wird Schwarzwild konsequent entnommen – und der Bestand idealerweise auf null reduziert. In Hessen verläuft die geplante Weiße Zone ringförmig um das Kerngebiet und wird zusätzlich in Kompartimente, sogenannte "Weiße Kacheln" unterteilt. Vorbild sind die Weißen Zonen in Brandenburg: Um das Kerngebiet "Neuzelle/Sembten" entstand 2020 ein knapp 5 Kilometer breiter Zaunkorridor (ca. 285 km²) als Weiße Zone.

Funktionsweise: Die Weiße Zone unterbricht Infektionsketten, indem sie Wildschweine innerhalb des infizierten Gebietes hält und Wanderbewegungen nach außen konsequent unterbindet. Nach dem Abschluss der Festzaunarbeiten wird die Jagd auf Schwarzwild in den geschlossenen Weißen Kacheln freigegeben. Der Korridor soll auf diesem Weg möglichst wildschweinfrei werden. Hierdurch wird eine weitere Ausbreitung der Tierseuche verhindert.

Einsatz in der ASP-Bekämpfung: Weiße Zonen dienen als zusätzliche Puffer zwischen infizierten und bislang seuchenfreien Regionen. Sie ergänzen die von EU-Verordnungen definierten Sperrzonen, indem sie den Schwarzwildbestand im isolierten Korridor drastisch verringern. In diesem Korridor ist – ähnlich wie im Kerngebiet – verstärkt zu jagen und nach verendeten Wildschweinen zu suchen. In den Weißen Zonen ist die Jagd nach Zaunschluss erlaubt; Fallwildsuche ist verpflichtend und alle Jagdausübungsberechtigten müssen Suchaktionen dulden. Jagdausübungsberechtigte erhalten dabei auf Nachfrage Unterstützung durch "Mobile Entnahmeteams" (MET) und Abschussprämien (bis zu 200 € pro erlegtem Wildschwein) durch den zuständigen Landkreis oder die kreisfreie Stadt und das Land. Durch diese Maßnahmen soll ein seuchenfreier Korridor entstehen, der ein Übergreifen der ASP verhindert.

Übersicht zu Einrichtung der Weißen Zonen in Südhessen und dem Rheingau-Taunus-Kreis

Rechtliche Grundlagen

Die Tierseuchenbekämpfung ist europaweit im EU-Tiergesundheitsrecht (Verordnung (EU) 2016/429) verankert. Spezielle Regeln für ASP sind in der Durchführungsverordnung (EU) 2023/594 festgelegt. Danach erlässt die zuständige Behörde um jeden ASP-Fundort Sperrzonen (Infizierte Zone = Sperrzone II, Pufferzone = Sperrzone I). Wird etwa in einem bisher seuchenfreien Gebiet ASP nachgewiesen, listet diese Verordnung das betroffene Gebiet als Sperrzone II (infiziertes Gebiet). Innerhalb dieser Zonen gelten strenge Auflagen (Betretungs- und Jagdverbote, Fallwildsuche, Verkehrsbeschränkungen). Eine weiße Zone als eigene Zone wird in den aktuellen EU-LeitlinienÖffnet sich in einem neuen Fenster ausdrücklich als mögliche Maßnahme empfohlen. Die EU-Leitlinien betonen, dass in solchen abgegrenzten Korridoren (weiße Zonen) Maßnahmen wie Einfriedung und intensive Schwarzwildbejagung kombiniert werden sollen, um die Ausbreitung der ASP zu verlangsamen.

In Deutschland legt zudem die Schweinepest-Verordnung Regelungen bzgl. der verstärkten Bejagung von Schwarzwild zur Bekämpfung von ASP fest. Ergänzend hat Hessen eine eigene ASP-Jagdverordnung (HASPJV) erlassen: Sie erlaubt in betroffenen Gebieten Ausnahmen von üblichen Jagdverboten. So dürfen z.B. Nachtzielgeräte, Fallenfang und Drohnen eingesetzt werden, um die Schwarzwildbejagung zu intensivieren. Alle erlegten Wildschweine (insbesondere in Sperrzonen und Infizierten Zonen) müssen amtlich untersucht werden.

Auswirkungen für betroffene Gruppen

  • Jäger: Die Jagd wird in Weißen Zonen gezielt erlaubt und gefördert. Nach Errichtung der Wildschutzzäune gilt die verstärkte Schwarzwildbejagung in den Sperrzonen. Ansitz- und Pirschjagd sind anzuwenden, Bewegungsjagden sind in der Sperrzone II untersagt. Die Landkreise und kreisfreien Städte (mit Ausnahmen) zahlen Abschussprämien, die das Land verdoppelt (bis max. 200 €) für jedes erlegte Wildschwein. Außerdem dürfen Jäger in diesen Gebieten nach der Hessischen Jagdverordnung besondere Hilfsmittel einsetzen, um den Bestand schnell zu reduzieren. Gefundene Wildschweinkadaver müssen sofort den zuständigen Veterinärbehörden gemeldet werden. Das Land richtet gezielt Angebote an betroffene Jagdausübungsberechtigte, um mit Mobilen Entnahmeteams (MET) durch den Landesbetrieb HessenForst jagdlich zu unterstützen und ggf. Saufänge in den privaten Jagdbezirken zu errichten.
  • Landwirte: die Einrichtung der Weißen Zonen bedeuten für Landwirte weitreichende Erleichterungen für die kommende Ernte: In Gebieten, die bereits vollständig mit Festzaun gesichert sind, sollen die Auflagen für Erntemaßnahmen weitestgehend fallen. Sind Gebiete noch nicht vollständig mit Festzaun eingerahmt, muss eine vorherige Drohnenüberfliegung auf Ackerflächen lediglich im Vorfeld dokumentiert werden. Im vergangenen Jahr benötigten Landwirte noch die Genehmigung zur Ernte durch die jeweiligen Veterinärbehörden. Abschließende Regelungen zur Maisernte in diesem Jahr werden zu gegebener Zeit abgestimmt. In ASP-freien Landkreisen gibt es dagegen keine Einschränkungen. Sollten Wildschweinkadaver etwa im Rahmen der Ernte gefunden werden, sollten diese an das entsprechende Veterinäramt gemeldet werden.
  • Spaziergänger und Hundehalter: In der Weißen Zone sind Spaziergänge erlaubt. Für Hundebesitzer ist die Leinenpflicht inzwischen gefallen - dennoch müssen die in den Landkreisen und kreisfreien Städten angeordneten Regeln innerhalb der Brut- und Setzzeit beachtet werden. Radfahren, reiten und wandern ist ausschließlich auf befestigten oder gekennzeichneten Wegen gestattet.

Erfahrungen aus anderen Bundesländern

Brandenburg hat das Konzept der Weißen Zone bereits praktisch erprobt. Im Herbst 2020 wurde um das erste Kerngebiet „Sembten/Neuzelle“ eine weiße Zone von ca. 5 km Breite mit doppelten Zäunen errichtet. Die Fläche (rund 285 km²) wurde mehrfach abgesucht, bevor Ende November 2020 mit der massenhaften Entnahme der Tiere begonnen wurde. Nach Abschluss der Zäune (125 km Gesamtlänge) berichtete das Krisenstabteam, dass man dann die Restriktionen innerhalb des eingezäunten Areals lockern könne. In der Praxis konnten danach z.B. Felder auch ohne vorherige Drohnenabsuche geerntet werden (siehe Hessen oben).

Sachsen setzte bislang vor allem auf feste Grenzzäune entlang der polnischen Grenze, um eine Ausbreitung nach Westen zu verhindern. Insgesamt zeigt sich: Das Erfolgsmodell Weiße Zone funktioniert, wenn durch Umzäunung und koordiniertes Vorgehen ein vollständig wildschweinfreier Korridor geschaffen wird. Diese Erfahrungen aus Brandenburg wurden in die hessische Strategie übernommen.